Ganzschriften im DaF-Unterricht
Interkulturelle Bilderbücher

Manfred Huth

1. Bilderbücher

Rafik Schami / Erika Rapp: Der Löwe Benilo. Wien / München: Jungbrunnen 1989. 28 S., 22,80 DM. ISBN 3-7026-5625-1.
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Rafik Schami / Erika Rapp: Bobo und Susu. Als der Elefant sich in eine Maus verliebte. 3. Aufl. Wien / München: Jungbrunnen 1989. 28 S., 22,80 DM. ISBN 3-7026-5588-3.

Beide Bilderbücher thematisieren Außenseitersein, Migration und interkulturelles Lernen. Sowohl der Elefant Bobo als auch der Löwe Benilo verlassen die eigene Lebensgemeinschaft bzw. werden ausgeschlossen, weil sie anders sind bzw. sich in jemand anderen verlieben. Hier machen sie nun vielfältige z.T. schmerzliche erfahrungen und suchen nach Lösungsmöglichkeiten. Wer Schami kennt, für den ist es nicht überraschend, dass in beiden Fabeln starke und schwache Tiere die Hauptrolle spielen und aus der Perspektive der jeweils Starken erzählt wird. Im einen Buch verläuft der interkulturelle Lertnprozess durch Perspektivenwechsel (beide verwandeln sich Æaus Liebe“ in das jeweils andere Tier), im anderen durch das Verteidigen ihres jeweiligen kulturellen Hintergrundes und durch das jeweilige Akzeptieren der so gesetzten Grenzen. Schami entwickelt in beiden Büchern die konkrete Utopie einer multikulturellen Gesellschaft. - Unbedingt anschaffen ... das Beste, was es zum Thema in Bilderbuchform gibt.

Barbara Resch: Ein Elefant mit rosa-roten Ohren. 8. Aufl. Wien / München: Jungbrunnen 1994. 34 S., 22,80 DM. ISBN 3-7026-4780-5.
Ein Elefant wird wg. seiner rosa-roten Ohren von den anderen Tieren ausgelacht und zum Außenseiter diskrimiert. Ein anderer, sehr kleiner Elefant befreundet sich mit ihm und macht den anderen Tieren klar, dass rosa-roten Ohren eine wunderbare Fähigkeit für die anderen besitzen, nehmen sie ihn in ihre Gemeinschaft auf, um an den Wunderohren partizipieren zu können. - Um die Lektüre dieses Buches nicht kontraproduktiv werden zu lassen - lediglich nützliche und ausbeutbare Minderheiten werden von der Mehrheitskultur toleriert - ist beim Lesen dieses Buches mit Kindern unbedingt kritisch zu hinterfragen, was denn gewesen wäre, wenn die rosa-roten Ohren des Elefanten nicht diese wunderbare Eigenschaft besitzen würden, oder wie wäre die Geschichte ausgegangen, wenn der Elefant keine Lust mehr gehabt hätte, den anderen seine Wunderohren hinzuhalten, oder was wäre wohl passiert, wenn die anderen Tiere gar keine Lust auf das rosa Ohrenwunder gehabt hätten (Vergl. Heidi Rösch: Migrationsliteratur ..., besprochen im Kapitel ÆLiteratur von AutorInnen anderer Ethnien“?

Eric Carle: Die kleine Maus sucht einen Freund. Hildesheim: Gerstenberg 1995. Pappbändchen, 29 S., 16,80 DM. ISBN 3-8067-4691-5.
Auch in diesem Buch geht es um ein einsames Tier, mit dem niemand befreundet sein will. Schließlich findet die einsame Maus eine andere Maus und beide verstecken sich im Haus der neuen Mäusefreundin. Denn die sich beim ersten Lesen unmerklich durch jede Seite des Buches schlängelnde und lauernde Gefahr, wird auf den zwei vorletzten Seiten übergroß deutlich und entpuppt sich als Riesenschlage ... auf der letzten Seite des Bilderbuches sieht mensch die beiden Mäuse voller Angst in ihrem Häuschen sitzen, aus dem sie sich nicht heraustrauen. - Wichtig bei diesem Buch, mit den Kindern erörtern, warum die anderen Tiere sich nicht mit der Maus befreunden wollen - alle Tierte lehnen ohne Begründung ab, warum die beiden Mäuse schließlich unter sich bleiben, welche Gefahren und Folgen selbstgewählter Gettoisierung immanent sind.

Monica Penders / Mavis Smith: Die grüne und die braune Schnecke. Ein Märchen über Vorurteile. Wuppertal: Jugenddienst-Verlag 1985. 30 S., 16,80 DM. ISBN 3-7795-7400-4.
Die große braune und die kleine grüne Schnecke - beide tragen ein Haus auf dem Rücken, unterhalten sich übers Anderssein und Andersaussehen bei Tieren ... und bei Menschen. Die kleine Schnecke will nicht glauben, das die Menschen, die doch alle gleich aussehen, Vorurteile gegenüber Minderheiten haben und sich rassistisch verhalten ... die braune Schnecke lädt die grüne Schnecke zu einer Reise ins Menschenland ein. Hier wundert und empört sich die kleine grüne Schnecke über manches. Als sie wieder ins Tierreich zurückkommen, begegnen sie einer Schnecke ohne Haus ...

Klaus Kordon / The Tjong Khing: Der große Fisch Tin Lin. Ravensburg: Otto Maier Verlag 1990. A4-Format, 24 S., 22,00 DM. ISBN 3-473-33566-5.
Der große Fisch Tin Lin wird von dem kinderlosen FischerInnenehepaar Jolko und Mila vor dem Sterben gerettet - dafür erfüllt er ihnen einen Wunsch. Ihr größter Wunsch ist ein Kind. Der Fisch schwimmt mit ihnen zu einem anderen Kontinent, am Strand sitzt einsam und verlassen ein Mädchen. ÆDas ist euer Kind“, sagte der Fisch, aber Jolka und Mila waren entsetzt: ÆDieses Kind ist ja schwarz und wir sind weiß, das Kind wollen wir nicht.“ Der Fisch Lin Tin schwimmt mit ihnen weiter zu einem Kind - auch das wollen sie nicht. Als sie auch zwei chinesische Kinder wegen ihres Aussehens ablehnen, verliert Lin Tin die Geduld und wift sie von seinem Rücken ... die beiden kleinen ChinesInnen holen Hilfe und retten Jolka und Mila ...

Irene Ulitzka / Gerhard Gepp: Das Land der Ecken. Wien: Picus Verlag 1993. A4-Format, 26 S., 24,80 DM. ISBN 3-85452-062-X.
Im Land der Ecken, in dem alles eckig ist, kommt mensch mit dem Wagen nicht nicht vom Fleck, weil natürlich auch die Räder eckig sind. Uli findet einen Ball, der nicht eckig ist - so etwas hat noch niemand im Eckenland gesehen, deshalb muss es weg, es wird zerstört, denn etwas rundes darf es ja nicht geben im Eckenland ... doch es gibt noch mehr runde Sachen ... - Das Buch ist mit wunderschönen Bildern ausgestattet.

Elisabeth Reuter: Sohan. eine Geschichte vom Fremdsein. München: Ellermann Verlag 1993. 24 S., 24,00 DM. ISBN 3-7707-6353-X.
Soham und ihre Familie ist in die BRD geflohen, weil in ihrem Herkunftsland Krieg ist. Das Heim, in dem sie untergebracht sind, wird von jungen NeofaschistInnen angegriffen. Die Familie bekommt eine Wohnung, Soham hofft, dass sie nicht mehr Angst haben muss ... aber als auf dem Spielplatz vor dem Wohnblock, in dem ihre neue Wohnung ist, schaukelt, wird sie von einem Nachbarsjungen angemacht. Auch in der Schule machen die KlassenkamerdInnen ihr das Leben nicht leicht, bis der Klassenlehrer etwas merkt ...

Stephan Brülhart: Leopold und der Fremde. Zürich: atlantis kinderbücher, verlag pro juventute 1993. A4-Format, 26 S., 22,80 DM. ISBN 3-7152-0262-9.
Mama Leopardin spricht mit LeopardInnenkind Leopold über die gefahren des Urwaldes ... u.a. über den Fluss, an dessen Ufern es gefährlich ist, weil dort Fremde grüne Tiere leben und leopard weiß bei denen ja nie. Am Fluss erläutert Mutter Krokodil ihrem Sohn Leopold die Gefahren des Waldes, in dem gelbgetupfte Wesen wohnen, bei denen krokodil nie wissen kann ... Beide spielen deshalb immer alleine, bis einmal Leopold’s Ball zum Fluss hinunterrollt ... - Wunderschön bebildert.

Renate Schaefer: In einem Land. Zürich: atlantis kinderbücher, verlag pro juventute 1993. A4-Format, 26 S., 22,80 DM. ISBN 3-7152-0266-1.
Es gab einmal ein Land, in dem nur grüne Menschen lebten, in einem anderen Land waren alle Menschen gelb, dann gab es noch Länder mit roten, schwarzen und weißen Menschen. Irgenwann ging ein gelber Mensch in das Land der schwarzen Menschen und ... ein schwarzer Mensch verliebte sich in einen gelben Menschen und ...

Gioconda Belli: Die Werkstatt der Schmetterlinge. Wuppertal: Peter Hammer Verlag 1994. Großformat, 40 S., 36,00 DM. ISBN 3-87294-607-2.
Eins der schönsten - wenn nicht das schönste - mir bekannte Bilderbuch. Das Buch greift zurück auf eine (indigene?) Kosmogonie: GestalterInnen Aller Dinge auf der Welt arbeiten in Kooperation mit der Weisen Alten an der Schöpfung der Pflanzen- und Tierwelt. Zu ihnen gehörten auch der junge Rudolfo und seine FreundInnen. Für die Gestaltungsarbeit gab es zwar nur eine aber eine strenge Regel: Tiere durften nur für das Tierreich erschaffen und Pflanzen nur für das Pflanenreich. Rudolfo träumte davon, etwas zu erschaffen, das wie ein Vogel und gleichzeitig wie eine Blume sein sollte. Bei seiner Such nach Schönheit und der Verwirklichung seiner Vision der Gestaltung eines allseitigen harmonischen Geschöpfes zur Verschönerung der Welt und zum Zwecke, alle glücklich zu machen, denkt Rudolfo viel nach, spricht mit vielen Wesen, lässt sich jedoch nicht von seinem Traum abbringen ...

Ghodsi Ghazinoor: Die kleine Schnecke. Unkel/Th.: Horlemann 1993. 16 S., 12,80 DM. ISBN 3-927905-87-9. - Bezug: Horlemann-Verlag, Lohfelder Straße 14, 5340 Bad Honnef.
Eine Schnecke hat Angst davor, dass ihr etwas passieren könnte und versteckt sich in ihrem Schneckenhaus, aus dem sie sich nicht meht hervorwagt. Um ihre Umgebung besser beobachten zu können, bricht sie in ihr Schneckenhaus ein kleines Loch. Selbst zum fressen kommt sie nur hastig und erst nach gründlicher Beobachtung der Umgebung heraus. Eine andere Schnecke macht ihr klar, auf welche Dinge sie verzichtet, wenn sie nur ängstlich in ihrem Haus sitzt. Sie erzählt ihr, was sie schon alles gesehen hat und was sie noch sehen und erleben will. Da fasst auch die verängste Schnecke Mut. Sie geht mit der neuen Freundin mit und beginnt ihre Kraft wiederzugewinnen und ihrer eigenen Stärke zu vertrauen.

Gabriele Denk: Disteline. Die Geschichte einer stacheligen Pflanze. Linz: Veritas 1995. 15 S., 5,80 DM. ISBN 3-7058-0847-8.
Mitten in einen Gemüsegarten hat sich auch auch ein Samenkorn einer Distel verirrt. Aus dem Samenkorn wird eine kleine Diestelpflanze, die hier nun plötzlich zwischen, Zwiebeln, Schnittlauch, Salat und anderem Gemüse, alle Nutzpflanzen fühlen sich natürlich viel edler und besser als die nutzlose Diestel. Diese jedoch wird größer und schöner und die unfreundlichen Gemüsepflanzen erkennen, dass auch Disteline ihre Qualitäten hat.

Friedrich Karl Waechter: Der rote Wolf. Zürich: Diogenes Verlag 1998. A4-Format, 60 S., 14,90 €. ISBN 3-257-00848-1.
Das mit dem deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnete Buch spiegelt wieder das Leben des roten Wolfes ... eigentlich ein roter Irgendwas-Hund landet unter dem Weihnachtsbaum als Geschenk für einen kleinen Jungen. Als die Familie des kleinen Jungen vor dem Krieg flüchten mussm geht der kleine rote Irgenwas-Hund verloren und wird von einer Wölfin adoptiert und aufgezogen und wird ... zum roten Wolf, der trotz seines anderen Aussehens und seiner geringen Größe einen festen Platz im Rudel hat. Als er seine sterbende Wolfsmutter zur Wolfschlucht - an deren Grund der Vater aller Wölfe liegt und viele seiner Nachfahren - schleift, wird der rote Wolf durch nachfolgende Jäger schwer verletzt und wäre gestorben, wenn sich seiner nicht das russische Mädchen Anna angenommen hätte, die ihn operieren lässt und gesund pflegt. Leider kann er nicht mehr richtig laufen, doch er erlebt mit Anna noch viele gückliche Stunden. Als ihm das Laufen immer schwerer fällt, schreibt Anna zuerst noch die Geschichte des kleinen roten Wolfes auf danach bringt sie ihn zur Wolfsschlucht und ... der rote Wolf fliegt zum Vater aller Wölfe. Er sieht sein langes wunderbares und reiches Leben noch einmal an sich vorbeifliegen. - Ein ausgesprochen sensibles Buch über Identität, Fremdsein und Integration ohne Identitätsverlust und ... Leben.

Die Großmutter von Janis ist gestorben. Der kleine Junge entdeckt während der Beerdigung einen Regenbogen am Himmel, von dem ein Regenbogentröpfchen in Janis Rucksack herunterfällt. Das Regenbogentröpfchen hilft ihm später dabei seine Trauer zu verarbeiten, indem es mit ihm eine Erinnerungsreise unternimmt, auf welcher Janis die Grossmutter im strahlend gelben Sonnenblumenfeld, beim Kuchenbacken in der Küche, als Torhüterin auf dem Fussballfeld. Das Regenbogentröpfchen erzählt aus der schönen Vergangenheit und Janis wird klar, dass eine schöne gelebte Beziehung zu einem Menschen mit dem Tod nicht endet, sondern die Erinnerund an diese Beziehung eine neuen intensive Bindung schafft. Die feinfühligen Bilder passen zum Buchthema.
Grundlage des didaktischen Begleitheft es ist ein philosophisches Gespräch über Tod und Leben zwischen der Autorin Nadine Lyoth und dem Religionspädagogen Alfred Höfler, in welches Unterrichtsvorschlägen eingearbeitet sind. Lernziel ist, zu erkennen, dass alle Menschen angesichts des Todes eines geliebten Menschen vor der Aufgabe stehen, das Leben neu zu durchdenken und perspektivieren. Eine gelungene unaufdringliche Ermunterung, miteinander über den Tod als Teil des Lebens zu philosophieren: "Die Einladung, nach den Farben des Todes Ausschau zu halten, mitten im Leben, ermutigt, dem Leben Farbe zu verleihen, bewusster zu leben, weil wir wissen, dass der Tod unumgänglich ist."

Marcus Pfister: Der Regenbogenfisch lernt das ABC. Gossau / Zürich / Hamburg: Nord-Süd Verlag 2002. 16 S., 9,80 €. ISBN 3-314-01255-1.
Etwas für die ganz Kleinen. Der Regenbogenfisch hat alle Buchstaben ins Meer geholt und führt sie den LeseLernerInnen vor. Dazu gibts zum Auswendiglernen einfache Reime. Ein liebevoll gestaltetes LeselernBilderbuch.

Marcus Pfister: Der Regenbogenfisch lernt zählen. Gossau / Zürich / Hamburg: Nord-Süd Verlag 2002. 16 S., 9,80 €. ISBN 3-314-01273-X.
Wieviel blaue, grüne, rote Schuppen und ... wieviel Glitzerschauppen hat der Regenbogenfisch? Auf jeder Seite lernen die LeseLernerInnen das Schuppenzählen von 1 bis 10 und die jeweils auch auf der Seite abgebildeten dazugehörenden neuen Zahlen. Auch für die ganz Kleinen.

Kommentierte Auflistungen mehrsprachiger Kinder- und Bilderbücher sowie zweisprachiger Cassetten für die Kindergarten und Grundschularbeit finden sich in:

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